Echter Schmuck – Falscher Schmuck

Posted By on Nov 10, 2020 |


4. Vernichtungs- und Rückrufansprüche, § 125 b Nr.2 bzw. § 107 MarkenG i.V.m § 18 MarkenG

(1) Der Inhaber einer Marke oder einer geschäftlichen Bezeichnung kann den Verletzer in den Fällen der §§ 14, 15 und 17 auf Vernichtung der im Besitz oder Eigentum des Verletzers befindlichen widerrechtlich gekennzeichneten Waren in Anspruch nehmen. Satz 1 ist entsprechend auf die im Eigentum des Verletzers stehenden Materialien und Geräte anzuwenden, die vorwiegend zur widerrechtlichen Kennzeichnung der Waren gedient haben.

(2) Der Inhaber einer Marke oder einer geschäftlichen Bezeichnung kann den Verletzer in den Fällen der §§ 14, 15 und 17 auf Rückruf von widerrechtlich gekennzeichneten Waren oder auf deren endgültiges Entfernen aus den Vertriebswegen in Anspruch nehmen.

(3) Die Ansprüche nach den Absätzen 1 und 2 sind ausgeschlossen, wenn die Inanspruchnahme im Einzelfall unverhältnismäßig ist. Bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit sind auch die berechtigten Interessen Dritter zu berücksichtigen“ (vgl. Gesetzestext, § 18 MarkenG).

Das ist in der Regel bei Rückholversuchen von Ware, die an Verbraucher verkauft wurde, anzunehmen. Hier wird es unverhältnismäßig sein, den Verbraucher zu einer solchen Handlung in Anspruch nehmen zu können.

5. Abmahnkosten / Anwaltskosten, §§ 677, 683 BGB

Ihre Mandantschaft ist überdies nach den Grundsätzen der Geschäftsführungen ohne Auftrag nach §§ 677, 683 BGB berechtigt, unsere Mandantschaft die durch Ihre Inanspruchnahme verursachten angemessenen Kosten dieser Abmahnung in Rechnung zu stellen, sofern hier eine Markenrechtsverletzung tatsächlich anzunehmen wäre.

Grundlage der Kostenberechnung ist der sog. Gegenstandswert. Dieser orientiert sich auch, aber nicht nur, am Wert der verletzten Marke.

Die Höhe des Streitwertes richtet sich im Markenrecht grob nach dem wirtschaftlichen Interesse des Abmahnenden. Das wirtschaftliche Interesse wird wiederum durch den wirtschaftlichen Wert der Marke und durch das Ausmaß und die Gefährlichkeit der Verletzungshandlung (sog. Angriffsfaktor) bestimmt.

Der BGH hat zu diesem Thema ein wegweisendes Urteilgesprochen:

BGH- Urteil vom 13. November 2013 – ZR 171/12 -Einkaufskühltasche

Der u.a. für das Gebrauchsmusterrecht zuständige X. Zivilsenat hat über die Höhe von Rechtsanwaltskosten bei einer Abmahnung aus einem Gebrauchs- und einem Geschmacksmuster entschieden.

Die Klägerin erwarb von der Beklagten, einem Verlagsunternehmen, zusammen mit einem dort bestellten Buch eine Einkaufstasche mit Kühlfach. Später bot sie diese Tasche über ein Internetauktionshaus zum Verkauf an. Daraufhin wurde sie anwaltlich im Auftrag eines dritten Unternehmens abgemahnt, dem Rechte an einem Gebrauchsmuster und einem Gemeinschaftsgeschmacksmuster an der Tasche zustehen. Die Klägerin ließ die Berechtigung der Abmahnung von Rechtsanwälten prüfen. Diese stellten ihr dafür eine Geschäftsgebühr in Höhe einer eineinhalbfachen Gebühr nach einem Gegenstandswert von 100.000 € in Rechnung, wobei dieser Wert demjenigen entsprach, der zunächst auch der Abmahnung der Klägerin durch die Schutzrechtsinhaberin zugrunde gelegt war; der beklagte Verlag hatte diese der Klägerin entstandenen Abmahnkosten jedoch übernommen und dafür einvernehmlich einen Betrag von 500 € an die Schutzrechtsinhaberin erstattet.

Mit ihrer Klage hat die Klägerin von der Beklagten die Erstattung der von ihren Rechtsanwälten berechneten 1,5-fachen Geschäftsgebühr aus einem Gegenstandswert von € 100.000,- verlangt (zuzüglich Umsatzsteuer und Auslagenpauschale rund 2.440 €). Das Amtsgericht hat ihr den nach einer 1,3-fachen Geschäftsgebühr und einem Gegenstandswert von 50.000 € berechneten Betrag

zugesprochen; das Landgericht hat demgegenüber nur den Ansatz eines Gegenstandswertes von 10.000 € für angemessen erachtet, die Beklagte zur Zahlung von rd. 776 € verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen.

Die dagegen gerichtete Revision, mit der die Klägerin ihren nach einer eineinhalbfachen Geschäftsgebühr und einem Gegenstandswert von 95.000 € berechneten Erstattungsanspruch weiterverfolgt, hat der Bundesgerichtshof zurückgewiesen. Er hat angenommen, das für die Wertbemessung maßgebliche Interesse der Klägerin als Schutzrechtsverletzerin sei nach den wirtschaftlichen Folgen zu bemessen, die ihr aus der Inanspruchnahme aus den Schutzrechten drohten. Diese entsprächen regelmäßig dem Interesse des Schutzrechtsinhabers an der Geltendmachung seiner Ansprüche, deren Wert nach dem Wert des Schutzrechts und seiner Beeinträchtigung durch den Verletzer zu schätzen sei.

Von einem überdurchschnittlichen Umfang oder einer überdurchschnittlichen Schwierigkeit der Tätigkeit eines Rechtsanwalts, die eine Überschreitung der Regelgebühr von 1,3 rechtfertige, könne auch bei einer Gebrauchsmuster- oder Gemeinschaftsgeschmacksmustersache nicht pauschal ausgegangen werden. Dies gelte insbesondere, wenn weder die Schutzfähigkeit in Ansehung des Standes der Technik bzw. vorbekannter Gestaltungen zu beurteilen sei noch im Zusammenhang mit der geltend gemachten Verletzung aufwendige Prüfungen erforderlich gewesen seien.

Die Feststellungen zu diesen Umständen unterlägen tatrichterlicher Würdigung, die nur eingeschränkt auf Ermessensfehler überprüfbar seien. Solche Fehler im angefochtenen Urteil habe die Revision nicht aufzuzeigen vermocht.“

Das sind alles unbestimmte Rechtsbegriffe, die viel Spielraum für Auslegung und Bewertung des Wertes einer Marke und die Schwere des sog. Angriffsfaktors einräumen und so durchaus Möglichkeiten geben, über den Streitwert des ganz konkreten Einzelfalles zu verhandeln.

Wir werden dies zu gegebener Zeit tun und auf Sie zukommen.

III. Haftungsausschlussgründe

1. Privat statt gewerblich

die Frage, ob ein Ebay-Verkäufer privat oder gewerblich ist, hat juristisch eine enorme Bedeutung.

Hat unsere Mandantschaft lediglich privat, nicht aber gewerblich gehandelt, kann sie das Markenrecht Ihrer Mandantschaft nicht verletzt haben, es sei denn, sie hat es in irgendeiner erheblichen Form in Verruf gebracht.

Wir werden das abklären.

Bei Abmahnungen im Markenrecht, Wettbewerbsrecht oder Urheberrecht kommt es immer wieder vor, dass Mandanten der festen Überzeugung sind, dass diese Abmahnung unberechtigt sei, weil sie doch bei Ebay lediglich privat gehandelt hätten.

Diese sind in vielen Fällen allerdings nicht mehr als private Händler, die beispielsweise Ihren Keller „ausmisten“, sondern als gewerblicher Ebay-Händler einzuordnen. Diese unterschiedliche Einordnung als privater oder gewerblicher Ebay-Verkäufer hat ganz erhebliche rechtliche Auswirkungen.

Da die Einordnung für den Anbieter ganz erhebliche und weitreichende rechtliche Auswirkungen hat, hat sich zwischenzeitlich eine umfangreiche Ebay-Rechtsprechung zu dieser Frage entwickelt. Zwar bewerten die jeweiligen Sachverhalte sehr unterschiedlich, allerdings haben sich zwischenzeitlich einige Kriterien herausgebildet, die für die Beantwortung der Frage, ob ein Anbieter privat oder geschäftlich tätig ist, wichtig sind“ (vgl. Janke & Schult, medienrecht-urheberrecht.de).

Diese fasst der Bundesgerichtshof (BGH) in seinem Urteil vom 04.12.2008 (Az. I ZR 3/06) -Ohrclips wie folgt zusammen:

Ob ein Anbieter von Waren auf einer Internetplattform im geschäftlichen Verkehr oder im privaten Bereich handelt, ist auf Grund einer Gesamtschau der relevanten Umstände zu beurteilen. Dazu

können wiederholte, gleichartige Angebote gegebenenfalls auch von neuen Gegenständen, Angebote erst kurz zuvor erworbener Waren, eine ansonsten gewerbliche Tätigkeit des Anbieters, häufige sog. Feedbacks und Verkaufsaktivitäten für Dritte rechnen.“

Dieser BGH-Entscheidung lag ein Sachverhalt zugrunde, in dem ein Ebay-Verkäufer 91 gleichartige Waren innerhalb von 5 Wochen zum Verkauf angeboten hatte und wegen Verletzung des Markenrechts abgemahnt wurde. Der Ebay-Verkäufer wies die Abmahnung mit der Begründung zurück, dass er lediglich privat bei Ebay handele und somit markenrechtliche Ansprüche nicht gegen ihn geltend gemacht werden könnten. Aufgrund der hohen Anzahl von Angeboten innerhalb eines relativ kurzen Zeitraums und der Tatsache, dass gleichartige Waren angeboten wurden, werteten die Richter dieses als gewerbliches Handeln“ (vgl. Janke & Schult, medienrecht-urheberrecht.de).

Für die Beantwortung der Frage, ob ein Anbieter bei Ebay privat oder gewerblich tätig ist, ziehen die Gerichte folgende Indizien heran:

– wiederholte Angebote gleichartiger Waren
Wenn also immer wieder die gleichen oder ähnlichen Produkte angeboten werden, wie Parfum, CD’s oder Kfz-Zubehör, so wird vermutet, dass damit gewerblich gehandelt wird.

-wiederholtes Angebot von Neuwaren
Sind von diesen gleichartigen Produkten auch noch wiederholt Neuwaren dabei, so verstärkt das die Vermutung der Gewerblichkeit. Der „private“ Ebay-Verkäufer muss sich insofern fragen lassen, aus welchem Grund er bspw. 5 neue Outdoor-Jacken in der gleichen Größe besitzt und diese zum Verkauf anbietet.

die zum Verkauf angebotenen Waren wurden kurz zuvor selbst bei Ebay erworben
Ein wichtiges Indiz für die Gewerblichkeit ist, dass die angebotenen Waren kurz zuvor selbst bei Ebay gekauft worden sind. Dieses zielgerichtete An- und Verkaufen von Waren sei typisch für Kaufleute und damit für Gewerbetreibende.

– der Ebay-Verkäufer ist auch sonst gewerblich tätig
Es wird vermutet, dass derjenige, der auch sonst gewerblich handelt, dies auch bei Ebay tut.

-der Ebay-Verkäufer verkauft Waren für Dritte
Verkaufsaktivitäten für Dritte sprechen für eine gewerbliche Tätigkeit. Hierbei wird allerdings eine gewisse Regelmäßigkeit vorausgesetzt. Wer einmal etwas für einen Dritten bei Ebay veräußert, handelt noch nicht gewerblich.

-eine hohe Anzahl von Feedbacks (Bewertungen)
Eine Vielzahl von Käuferreaktionen, d.h. Ebay-Bewertungen o.ä., legen ein Handeln im geschäftlichen Verkehr nahe. Mehr als 25 derartiger Feedbacks lassen -so die BGH-Richter- Rückschlüsse auf eine geschäftliche Tätigkeit zu.

– eine hohe Anzahl von Angebote innerhalb eines kurzen Zeitraums
Die Anzahl der Angebote innerhalb eines bestimmten Zeitraums ist eines der wichtigsten Indizien. Weiter konkretisiert hat der BGH dieses Indiz leider nicht. 91 Angebote in 5 Wochen sahen die Richter allerdings als gewerbliche Aktivität an. Auch eine Mutter, die mit dem Verkauf der gebrauchten Bekleidung ihrer 4 Kinder 80 Auktionen in einem Monat schaltete, wurde als gewerbliche Händlerin eingestuft (LG Berlin, Urteil vom 05.09.2006, Az. 103 O 75/06). Anwalt für Markenrecht

– Angebot von neuwertigen Markenartikeln
Der Anbieter von 10 neuen Markenartikeln (Bekleidung) wurde als Unternehmer angesehen (LG Frankfurt, Beschluss vom 08.10.2007, Az. 2/03 O 192/07).

-der Ebay-Verkäufer ist Powerseller
Hat der Ebay-Verkäufer den Status als Powerseller, so wird immer gewerbliche Tätigkeit angenommen, auch wenn eine eigene Sammlung aufgelöst wird (OLG Frankfurt, Urteil vom 21.03.2007, Az. 6 W 22/07).

Nicht entscheidend ist, ob sich der Anbieter selbst als privater oder gewerblicher Verkäufer betrachte“ (vgl. Janke & Schult, medienrecht-urheberrecht.de).